Neue Regeln zur Parodontitits-Therapie


Ab dem 3. Quartal 2021, d.h. ab 1.7. 2021, übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen mehr Kosten für die Parodontitis-Behandlung. Damit wollen die Versicherer einen höheren Beitrag zur Prävention von Krankheiten leisten, die den gesamten Organismus schädigen können. 

Inhalt:

Parodontitis, die unbemerkte Krankheit
Behandlungskosten ab 1. Juli 2021
Wie läuft die Behandlung ab?
Strukturierte Nachsorge
Sonderfall Diabetes
Therapieansätze

Missverständnisse im Umgang mit Parodontitis

Was viele Patienten und Patientinnen nicht wissen: Parodontitis-Bakterien können nicht nur zu Zahnverlust, sondern auch zu Diabetes und im ungünstigsten Fall zu einem Herzinfarkt oder Schlaganfall führen. Außerdem steigt das Risiko für Komplikationen während einer Schwangerschaft.

Leiden Sie unter Gelenkschmerzen? Dann lassen Sie bitte abklären, ob bei Ihnen eine Parodontitis vorliegt. 

Die beiden entzündlichen Erkrankungen Parodontitis und Rheumatoide Arthritis (RA) stehen nach neueren Forschungsergebnissen in engem Zusammenhang. Dabei scheint es sich um eine wechselseitige Beziehung zu handeln, bei der sich die Krankheitsbilder gegenseitig verstärken. Auch wer noch keine Rheumatoide Arthritis hat, sondern “nur” eine Parodontitis, hat ein bis zu 8-fach erhöhtes Risiko, an einer RA zu erkranken. (Quelle: s.u.)

Parodontitis, die unbemerkte Krankheit

Parodontitis kann ohne zahnärztliche Kontrolle lange unbemerkt ablaufen. Als Patient:in erkennen Sie womöglich nur gelegentliches Bluten beim Zähneputzen und ordnen das als "Putzfehler" durch zu starkes Aufdrücken der Zahnbürste ein.

Tatsächlich reagiert der Körper schon längst mit einer entzündlichen Abwehrreaktion, die den ganzen Körper schädigen kann.

Die problematische Gewebszerstörung von Zahnfleisch und Knochen wird durch das Immunsystem des Körpers gefördert: Es will die Bakterien beseitigen und reagiert mit einer heftigen Immunantwort. Einige der durch den Körper zur Abwehr gebildeten Enzyme zerstören leider nicht nur die Bakterien, sondern auch das Eigengewebe. 

Das führt gemeinsam mit der Wirkung der bakteriellen Abbauprodukte zum Verlust von Knochen und Bindegewebe. Symptome sind dann Zahnfleischbluten, zurückgehendes Zahnfleisch und Zahnfleischtaschenbildung, bis sich einzelne Zähne lockern.

Parodontitis Behandlungskosten ab Juli 2021

Was ändert sich?

Mit der neuen “PAR-Richtlinie”, die ab 1. Juli 2021 gilt, übernehmen die gesetzlichen Kassen nicht mehr nur die Parodontitis-Behandlungskosten für die akute Therapie, sondern auch für die anschließende Nachbehandlung über einen Zeitraum von maximal 2,5 Jahren.

Als Zahnärzte erhalten wir so mehr Spielraum zur kontinuierlichen Unterstützung Ihrer Zahngesundheit.

Bisher konnten Zahnärzte die Kontrolle alle erforderlichen Nachsorge-Leistungen nur privat in Rechnung stellen. Das führte gelegentlich zu Frustrationen seitens der Patient:innen

Diese Leistungen waren bislang privat zu bezahlen:
  • Kontrolle der in der professionellen Zahnreinigung erworbenen Kenntnisse, über die individuelle Mundhygiene
  • die ausführliche Beratung über mögliche Risikofaktoren
  • Befundevaluationen nach PA-Therapie (Parodontitis-Behandlung)
  • die unterstützende PA-Therapie nach erfolgter Behandlung 

Dank der neuen Richtlinien können wir unsere Patienten nun noch besser über das Krankheitsbild Parodontitis und über individuelle Risikofaktoren aufklären.

Patientenvertreter begrüßen die neuen Regelungen

Die Patientenvertretung im Gemeinsamen Bundesausschuss begrüßte die Neuregelung ausdrücklich. Damit würden Eintrittshürden für eine Parodontitistherapie verschwinden. Aus Sicht der Patientenvertreter läuten die Krankenkassen so einen fundamentalen Wandel ein. 

Wie läuft die Parodontitis-Behandlung künftig ab?

Zu den Kassenleistungen gehören unter anderem:

  • eine spezielle Früherkennungsuntersuchung, der PSI (Parodontaler Screening Index)
  • sowie die UPT (Unterstützende Parodontitistherapie). 

Eine Parodontitistherapie müssen Patientinnen und Patienten weiterhin über die Zahnarztpraxis bei ihrer Kasse beantragen.

Jeder zahnmedizinischen Parodontitis-Behandlung geht immer eine Professionelle Zahnreinigung (PZR) voraus. Diese Kosten übernehmen oder bezuschussen einige Krankenkassen, aber nicht alle.

Künftig werden Parodontitis-Patientinnen und Patienten häufiger zur optimalen Zahnpflege aufgeklärt und motiviert.

Außerdem ermöglichen die neuen Richtlinien, dass je nach Schweregrad der Erkrankung, mindestens einmal jährlich im Rahmen der Unterstützenden Parodontitis-Therapie die Professionelle Zahnreinigung (PZR) von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen wird.

Soweit zu den allgemeinen Regelungen. Kommen wir jetzt zu den besonderen Vorteilen einer Parodontitis-Therapie bei Zahn+ in Mannheim. Falls Sie Bedenken haben sollten, dass die Behandlung schmerzhaft oder unangenehm wird, entspannen Sie bitte. 

Sie kommen bei uns in den Genuss einer Parodontitis-Behandlung mit dem EMS Prophylaxis Master. Das ist ein AIRFLOW-Gerät der neuen Generation, mit dem wir besonders gründlich und schonend den schädlichen Biofim in den Parodontaltaschen beseitigen können.

Die Reinigung erfolgt nach dem Prinzip der Guided Biofilm Therapy. Hierbei sind keine Bürstchen oder Polierpaste mehr erforderlich. Die Benutzung von Handinstrumenten (Scaler) kann auf ein Minimum reduziert werden. Die Behandlung ist minimal-invasiv und bereitet auch Angstpatienten keine Probleme.

Die neue strukturierte Nachsorge in der Parodontitis-Therapie

Gerade die regelmäßigen Nachsorgemaßnahmen entscheiden über den dauerhaften Behandlungserfolg bei Parodontitis.

Daher ist ein wichtiger Baustein der neuen Richtlinie, die Kostenübernahme der „Unterstützenden Parodontitis-Therapie“ (UPT), die eine erweiterte Nachsorge gewährleistet. Der übliche Zeitraum der Nachsorge beträgt 2 Jahre. 

Die einzelnen Stufen der Unterstützenden Parodontitis-Therapie:
  • Mundhygienekontrolle
  • sofern erforderlich erneute Mundhygieneunterweisung (MHU)
  • vollständige Reinigung aller Zähne von Biofilmen und Belägen (wie PZR)
  • je nach Grad erneute Messung von Sondierungstiefen der Zahnfleischtaschen 
  • gegebenenfalls erneuter subgingivaler Instrumentierung an den betroffenen Zähnen 
  • ab dem zweiten Jahr – eine jährliche Untersuchung des Parodontalzustandes 

Das bedeutet, die Wirksamkeit der Maßnahmen und Mundhygiene wird regelmäßig kontrolliert. Durch die erneute Tiefenmessung der Zahnfleischtaschen kann der Behandlungserfolg überprüft werden. Eventuell notwendige Maßnahmen können somit vom Zahnarzt sofort eingeleitet werden.

Der Umfang der Unterstützenden Parodontitistherapie wird am individuellen Bedarf der Patienten ausgerichtet. Ermittelt der behandelnde Zahnarzt den Bedarf kann die übliche 2-jährige Nachsorge um weitere sechs Monate verlängert werden. 

Ältere, Pflegebedürftige oder beeinträchtigte Personen können ab Juli 2021 eine angepasste niedrigschwellige Parodontitistherapie erhalten. Über die Möglichkeiten der PAR-Behandlung vulnerabler Gruppen (§ 22a SVG V) informieren wir Sie gern im persönlichen Gespräch.

Was sollten Sie sonst über die Parodontitis Behandlung wissen?

Parodontitis zu behandeln kostet etwas Zeit und Ihre Geduld ist gefragt. Aber der Aufwand lohnt sich für Sie und Ihre gesamte Gesundheit!

Die wahrscheinlichste Folge der Erkrankung ist ein frühzeitiger Zahnverlust, von dem Parodontitis-Patientinnen und -Patienten ohne Behandlung schon deutlich vor dem 50. Lebensjahr betroffen sein können. 

Doch auch die anderen, zu Beginn genannten Krankheitsfolgen, sind nicht zu unterschätzen. Brisant daran ist, dass sich die Kausalkette vom Zahnfleisch auf den übrigen Organismus nicht sofort nachvollziehen lässt, auch wenn der Zusammenhang wissenschaftlich längst geklärt ist.

Möglicherweise werden wichtige Behandlungsmaßnahmen z.B. gegen Diabetes verschleppt, denn die Bakterien breiten sich oft über Jahre unentdeckt im Körper aus. 


Sonderfall Diabetes Typ 1 und 2

Patienten, die an der Zuckerkrankheit leiden, haben ein dreifach höheres Risiko, Parodontitis zu entwickeln und sie verlieren dabei meist mehr Zähne als Nicht-Diabetiker. Die Einstellung des Blutzuckers wird durch entzündliche Parodontitis erschwert, was spürbare Auswirkungen auf die Lebensqualität der Betroffenen haben kann.

Die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) rät allen Dialysepatienten zur intensivierten Mundhygiene und empfiehlt den regelmäßigen Kontrolltermin beim Zahnarzt unbedingt wahrzunehmen. Zumal fast zwei Millionen Menschen in Deutschland bisher noch nicht wissen, dass sie an Diabetes erkrankt sind und in der Folge ein erhöhtes Risiko haben, auch Parodontitis zu entwickeln. Regelmäßige Kontrolltermine beim Zahnarzt sind gerade für diese Patientengruppe essenziell.



Je nach Grad und Schwere der vorliegenden Parodontitis kommen verschiedene Therapieansätze infrage

Welche Therapie für Sie die richtige ist, erfahren Sie von Ihrem behandelnden Zahnarzt bei Zahn+ aufgrund des zuvor erhobenen Befundes. 

In vielen Fällen ist die sog. Basistherapie ausreichend, bei der die Zahnfleischtaschen gründlich gereinigt werden und evt. ein passendes Antibiotikum verschrieben wird, um nicht nur am Ort des Geschehens, sondern auch systemisch die Bakterien zu bekämpfen. 

Vereinbaren Sie kurzfristig einen Kontrolltermin, um alle Risiken durch eine entzündliche Parodontitis für sich auszuschließen.

Quelle: Rutger Persson von der University of Washington in Seattle

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